FINE ART
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Alfred Becker
ALICE IN WATERLAND
My Impression of Gaby Fey
Als sich Alice am Ufer eines Flusses mit ihrer Schwester langweilte und schläfrig und dumm von der Hitze war, sah sie plötzlich ein weißes Kaninchen mit roten Augen vorbeilaufen, das mit einer Taschenuhr hantierte und unverständliche Dinge sagte. Das war so außergewöhnlich, dass Alice ohne zu zögern, dem Kaninchen folgend, in ein großes Loch sprang. Sie landete bekanntlich im Wunderland.
Die Menschen, die Gaby Fey folgen, finden sich plötzlich auch in einem Wunderland wieder: Unter Wasser. Aber was sie dort finden, sind keine Phantasiewesen und auch keine spektakulären Abenteuer. Es ist vielmehr eine große Stille, die sie auf einmal komplett umgibt. Es ist eine spielerische Leichtigkeit, alle Erdenschwere scheint aufgehoben. Es ist eine sonderbare Gegend jenseits der Grenze unseres Lebens: Unter Wasser können wir nicht auf Dauer existieren. – Aber im Moment schon.
Wir focussieren uns also auf den Moment, der festgehalten ist. Was geschieht in diesem Moment, diesem Augen-blick. Wo genau befindet sich der Mensch? Und was fühlt er? Was sieht er?
Die Wasseroberfläche war eine erste Grenze und bildet nun einen Spiegel. Unterhalb dieser Grenze ist der Mensch vollkommen isoliert, ist komplett auf sich allein gestellt. Er ist nur noch selbst-bezogen. Es ist der Augenblick des Allein-Seins, des Bei-Sich-Selber-Seins. Der Mensch kann sich jetzt nicht entfliehen. Also zeigt er sich offen, ehrlich, verletzlich. Er gibt, oft unschuldig, einen Teil seines Wesens und seiner Träume preis.
Dabei ist ihm bewusst, dass er auf der Schwelle einer weiteren, viel gefährlicheren Grenze als dem Wasserspiegel schwebt: Er befindet sich direkt an dem Scheidepunkt, der nach oben wieder in die helle, luftige Oben-/Außenwelt führen kann, der aber auch nach unten weist: In die dunkle, bedrohliche Tiefe, in die tödlichen Abgründe des Wassers einerseits und in die Abgründe der eigenen Seele andererseits. In welche Richtung der Weg führen wird, ist ungewiss. Natürlich, wir erwarten, dass sich Venus dem Leben und der Liebe zuwenden wird. Aber bei anderen Personen, die Gaby Fey uns zeigt, ist das nicht so ganz klar: Wohin treibt es die Schwebende in Lift off? Genießt sie nur den Moment der Leichtigkeit, oder verliert sie sich der sanften Bewegung des Wassers und lässt sich immer weiter tragen, ziellos, schwerelos, haltlos? Oder betrachten Sie den fröhlichen Icebird: Vielleicht ist sie in einer Metamorphose begriffen, Erste einer neuen Species zwischen Mensch, Meerestier und Vogel?
Indem wir die Fotos betrachten und in uns – aus der Tiefe – diese Fragen emporsteigen, versuchen wir quasi automatisch, uns in die Unterwasserakteurinnen hineinzuversetzen, versuchen nachzuempfinden, was sie denken, wie es ihnen geht, wohin es sie zieht …. wohin es uns zieht; was wir von der Welt des Lichts und der Luft erhoffen, wenn wir wieder aufsteigen; in welchen dunklen Grotten uralte Ungeheuer auf uns lauern, die wir vor Zeiten selber erschaffen haben und die wir für gewöhnlich mit aller Kraft tief in den Abgründen, nur ja außer Sichtweite, von uns fernzuhalten versuchen.
Gaby Fey nimmt uns mit auf diese scheinbar kleine Reise, einen Meter nur oder zwei in die Tiefe. Und schon sind wir in ihrem Wunderland, was auch unser Wunderland ist: Das Land unserer eigenen Sehnsüchte, Träume, Ängste und Visionen. Und sicher fühlen wir uns nicht immer ganz wohl, dann und dort, in der Sekunde der Wahrheit, wenn wir mit uns selbst konfrontiert werden. Aber wir können uns auch ganz einfach und unreflektiert über die Leichtigkeit, die Kraft, die Unbekümmertheit und das Urvertrauen der Schwebenden freuen, über die Schönheit des Augenblicks, über das Geschenk des Lebens im Hier und Jetzt.
Besuchen Sie diese zauberhaften Erlebnisräume, gehen sie auf die Abenteuerspielplätze der Phantasie, springen Sie in die Wasser der wunder-vollen Fotos von Gaby Fey: Sie werden nicht „trocken“ bleiben!
— Alfred Becker